Monday, May 31, 2010

ULRIKE ROSENBACH, Art is a criminal Action


Ulrike Rosenbach
Art is a criminal action, 1972/96; Fotomontage, Diasec; 171 x 150,5 cm; Edition 4/6; Daimler Kunst Sammlung

Wie bringt ›frau‹ die aggressive Vorherrschaft der Männer zur Strecke? Wie lässt sich deren Dominanz in Kunst, Kultur und Gesellschaft brechen, um Raum zu eröffnen für weibliche Sichtweisen? Die 29-jährige Ulrike Rosenbach hat darauf 1972 eine ebenso nahe liegende wie wirkungsvolle Antwort versucht: indem sie in die Rollen berühmter Männer schlüpft, die Waffe selbst in die Hand nimmt und aufs Publikum zielt. Der Titel "Art is a criminal action" [Kunst ist eine kriminelle Handlung] radikalisiert das Thema noch einmal: Der Angriff auf das Territorium männlicher Kunstproduktion darf nicht bescheiden und mit weiblicher Demut daherkommen, sondern muss die ›kriminellen‹ Energien männlicher Herrschaftsformen kurzfristig adaptieren, den Rollentausch üben, um sich Gehör zu verschaffen.
Rosenbachs frühe Fotomontage hat als Vorlage eine Fotografie von Andy Warhols berühmtem Double Elvis von 1963. Das Bild selbst ist Teil einer Serie, die im Entstehungsjahr in der Ferus Gallery in Los Angeles ausgestellt war. Für Warhol diente ein sogenannter ›publicity still‹ von Elvis aus dem Western ›Flaming Star‹ als Vorlage. Statt einer Gitarre hält Elvis einen Revolver in den Händen, eine Pistolentasche ist um die legendären Hüften geschlungen, ein Jagdmesser an der Seite. Das Ergebnis: ein Bild mythischer, aggressiver, sexuell aufgeladener Männlichkeit, wie es mit dem Siegeszug des Pop auch über Europa hereingebrochen war. Rosenbach imitiert (mit ausdrücklicher Erlaubnis von Warhol) Kleidung und Haltung seines Elvis und montiert sich – eine damals noch gänzlich unbekannte Künstlerin – an die Seite des gefeierten Rockstars.

Dr. Renate Wiehager